Donnerstag, 16. Februar 2012

Die Geschichten vom Franz, Teil 1

Als Franz auf die Welt kam, da hatte er weißgoldene Haare und strahlende hellblaue Augen.
Seine Eltern waren Bauersleute, die ihren Hof in einem Dorf an der Grenze von Wald- und Weinviertel hatten.
Er war der zweite Sohn von insgesamt 8 Kindern. Eigentlich waren es 12 Kinder, die die Mutter von Franz zur Welt brachte, aber diese acht überlebten.

Die Mutter war eine fürsorgliche, liebevolle und arbeitssame Bäuerin. Ihr Ehemann ein stattlicher patriachalischer Weinbauer.
Sie hatten auch ein paar Hühner, Kühe und Schweine. Der Hof war klein, aber aufgeräumt.

In der Stube roch es immer nach Schmalz und gutem Essen. Die Stube war der Ort, wo die ganze Familie zusammenkam. Zwei Stufen führten hinein.
Die Wände waren halbhoch mit Holz vertäfelt.
An der Wand links von der Tür war ein Schaffel mit Wasser, der alte Herd und die Tür ins Schlafzimmer der Eltern. An der Stirnseite war der Tisch mit Bank und Sesseln. Rechts neben der Eingangstüre die war Kleiderablage und die Türen zu den Kinderzimmern und in die Speis.
Als Schmuck an der Wand hatten sie ein Kreuz, das war alles.

Franz war ein aufgewecktes, schwer zu bändigendes Kind. Da seine Haare immer noch weißblond waren, hatte er den Spitznamen "Weisser". Die Zeit in der er aufwuchs war geprägt von Krieg, Hunger, Entbehrungen.

Trotzdem hatte er den Luxus ein Pferd zu besitzen und er ritt gerne in der Gegend herum. Mit anderen Jugendlichen besuchte er verbotene Orte, wo Kriegssachen lagerten. Das war interessant für die Burschen.
Es gab eine Geschicklichkeitsübung, die gleichzeitig eine Mutprobe für die jungen Bauernbuben war: Äpfel des Großbauern mit einem Stecken wo ein Nagel herausschaute aus dem Silo zu fischen.
Das hat ihn amüsiert.

Mit sehr jungen Jahren gingen die Burschen üblicherweise auf Wanderschaft. So auch Franz, er wurde Bäckerlehrling in einer der größeren Ortschaften. Da seine Arbeitsstelle ca. 20 Km von seinem zu Hause entfernt war, musste er wie einige andere Lehrlinge bei seinem Lehrherrn schlafen. Sein größerer Bruder lernte in der Nachbarschaft bei einem Wagnermeister das Handwerk. Die Nähe zu seinem Bruder gab ihm zwar ein bisschen Sicherheit so fern von der Familie, er konnte ihn aber nicht davor schützen, daß ihn der Bäckermeister wie einen Sklaven ausbeutete.

Am Wochenende und zu den Feiertagen marschierten die Brüder zu Fuß nach Hause.
Im Winter bastelten sie sich Ski und liefen damit durch den Wald.
Vielleicht war sein Bruder mit der Lehre schon fertig oder er war schon vorausgegangen, jedenfalls musste Franz am Vorabend des Weihnachtstages allein die 20 km durch den Wald gehen.
Sein Chef, der Bäckermeister, verlangte da noch eine Arbeit und dort noch eine Erledigung. Und die Zeit die lief dahin, es wurde immer später und später. Er wollte die Arbeitskraft des Burschen noch ordentlich ausnützen, bevor dieser in die Weihnachtsfeiertage ging.
Spätnachts entließ er ihn endlich.

Franz machte sich im Dunkeln auf den Weg. Er kannte den Weg gut, er war aber saumüde. Wenn es nicht Weihnachten gewesen wäre und er seiner Mutter nicht versprochen hätte nach Hause zu kommen, er hätte sich gleich ins Bett gelegt.
Zur übermannenden Müdigkeit kam noch ein eisiger Wind den Berg hinauf. Im Wald war es besser, aber dafür war es da wieder ganz Dunkel und kein Mondschein wies den Weg.
Franzl setzte sich nieder und wollte ein wenig rasten.
Es war bestimmt Mitternacht oder sogar danach.
Er schlief ein.

Unglaublich aber wahr, ein Mann streifte am Weihnachtstag nach Mitternacht allein dort im Wald herum. Er fand den Burschen im Dunkel still und reglos im Schnee sitzen.
Er versuchte ihn zu wecken und schulterte ihn schließlich um ihn die restlichen Kilometer nach Hause zu tragen.
Kurz vorm Morgengrauen kam er zum elterlichen Bauernhof .
Sie kannte den Mann nicht, sie hatten ihn noch nie gesehen. Sie öffneten ihm aber das Tor, weil sie sahen, daß er den Franz auf der Schulter hat.

Die Eltern und die Geschwister waren so aus dem Häuschen und kümmerten sich sofort um den fast erfrorenen Burschen. Der Fremde ging leise fort, ohne daß ihm "Danke" gesagt werden konnte.
Keiner hat ihn jemals wieder gesehen.

Franz ging nach seiner Lehrzeit in Gars am Kamp nach Hainburg und später in die große Stadt nach Wien.




Fortsetzung folgt

Freitag, 20. Januar 2012

"Gru Gru Blut ist im Schuh"

Das ist ein Mantra, welches ich als kleines Kind vor mich hinbetete, als ich nach einer Operation nach Hause humpelte.

Früher waren Kinder oft unerwünscht und lästig (es gab noch nicht die Pille) und so wurden Kinder desöfteren schlecht behandelt.
Ich hatte nach einem Badbesuch igendwelche Pünktchen an den Sohlen und meine Mutter ging mit mir zum Arzt.
Dieser Perversling hatte meiner Mutter eingeredet, daß man diese Pünktchen ausbrennen muss.
Ich bekam natürlich keine Narkose, denn das konnte sich meine Mutter nicht leisten.
Meine Mutter wurde hinausgeschickt und die "Operation" begann.

Ich wurde bäuchlings auf ein Bett geschnallt, dann kam der Herr Doktor mit so einer Art Bunsenbrenner und hat mir bei vollem Bewusstsein Teile meiner Sohle weggebrannt.
Nicht einmal eine örtliche Narkose habe ich bekommen. Es roch nach verbranntem Fleisch. Natürlich schrie ich wie am Spieß.

Damit ich selbstständig gehen kann, hat er jedoch nur einen Fuß behandelt. Der andere soll später dran kommen. Allein der Gedanke versetzte mich in Panik.

Weil ich schon "groß" war (4 - 5 Jahre) trug mich meine Mutter nicht nach Hause. Sie hielt mich an der Hand und schleppte mich hinter sich her.
Kaum waren wir ein paar Gassen gegangen, sickerte Blut aus meinem Schuh.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als wir den Quellenplatz überquerten. Ich konnte einfach nicht mehr. Der Fuß tat höllisch weh, gesehen hab ich auch kaum was, weil ich soviel weinte.
Meine Mutter zog mich widerwillig und schimpfte. Schließlich sagte sie: "...denk doch an das Märchen von Aschenputtel, da haben sich die Mädchen sogar freiwillig einen Teil vom Fuß weggeschnitten!"
Ich meinte, daß das ja die bösen Schwestern gewesen sind und nicht das Aschenputtel.

Schließlich sagte ich den Satz wie ein Mantra vor mich hin. "Gru gru Blut ist im Schuh" und ging im Takt danach.

Es war ein fürchterliches Erlebnis. Fast jedesmal, wenn ich über den Quellenplatz gehe, muss ich unwillkürlich daran denken.

Der Arzt ist sicher schon lang in Pension, falls er überhaupt noch am Leben ist.

Und die Pünktchen am anderen Fuß sind von selbst wieder weggegangen. Also diese Behandlung und alle Qualen waren sinnlos.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Peter der Verräter

Peter und ich waren gleich alt und sehr dicke Freunde. Wir wohnten in derselben Gartensiedlung fast nebeneinander, nur ein paar Gartenhäuschen waren dazwischen. Wir fuhren beide gerne Rad, kraxelten auf Bäumen herum und liefen mit anderen Kindern um die Wette, wobei Peter und ich immer ein tolles Team waren.

Eines Tages fanden wir eine verletzte Maus im Wald. Wir spielten Krankenhaus und bauten der Maus ein schönes sicheres Haus im Erdboden, reihten Steine rundherum an und bedeckten es mit Zweigen.
Dieses Versteck war unser Geheimnis.

Mehrmals am Tag gingen wir in den Wald um der Maus leckeres Futter zu bringen. Es machte Spaß und Freude und es schien, daß sich die Maus sehr gut erholte!

Am dritten oder vierten Tag lief ich in der Früh allein in den Wald, weil ich Peter nirgends finden konnte. Ich hatte sehr viele gute Kleinigkeiten für die Maus mit.
Da fand ich das Mäusehaus zerstört, die Steine lagen in der Mulde, darunter eine erschlagene Maus.
Ich war entsetzt und brach natürlich in Tränen aus.
Sofort lief ich zu Peters Elternhaus und suchte ihn.

Soweit ich mich erinnern kann, traf ich ihn erst nachmittags. Ganz kleinlaut gab er zu, daß er seinem Vater von der Maus erzählt hat. Dieser hat ihn dann gezwungen ihm das Versteck zu zeigen und anschließend hat Peters Vater die Maus erschlagen und das Nest zerstört.
Er hatte Bedenken, daß uns die Maus beissen würde. Wenn sie uns die ersten 3 Tage nicht gebissen hat.....dann hätte sie wohl kaum später zugebissen.

Als ich das hörte wurde ich furchtbar traurig und zornig. Ich weinte und schlug Peter ins Gesicht und nannte ihn einen Verräter.
Da waren wir 7 Jahre alt.

Ich habe mit ihm nie wieder gespielt und auch nicht mehr mit ihm geredet, ausser einmal.
Da waren wir beide ca. 30.
Peter und ich trafen uns am Weg und Peter wollte etwas zu mir sagen. Da kam die alten Gefühle wieder hoch und ich sagte zu ihm, noch bevor er was sagen konnte: "Peter, Du Verräter!" und ging davon.

Ich habe ihn noch 2 oder 3 x gesehen, mit seinen Kindern, die so alt waren, wie wir damals.
Dann sind sie alle weggezogen.
Vielleicht wollte er sich damals entschuldigen, ich weiß es nicht. Heute würde ich ihm zuhören, was er zu sagen hätte.

Sonntag, 27. November 2011

Der Urlaubskrimi

...oder wie einem ein Krimi den Urlaub versauen kann:

Unsere Hochzeitsreise machten wir in einer Zeit, in der man mit einem bunten VW-Bus auf der Cote Azur nicht weiter auffiel, da noch viele andere aussergewöhnliche und merkwürdige Gestalten herumliefen.
In Port Grimaud gefiel es uns am besten. Dort am Campingplatz ließen wir uns für länger nieder. Es sollten 2 oder 3 Wochen Urlaub werden.
Auf dem Campingplatz hatten wir interessante Nachbarn: Einen verrückten Schweizer, der mit dem Rad über die Alpen fuhr und einen kleinen Abstecher an die Küste machte. Ein französisches Pärchen, welches kein Wort Englisch sprach (wir auch kein Französisch), aber mit den beiden hingen wir trotzdem dauerend herum.
Und so weiter.

In den ersten Tagen unseres Urlaubs stöberte ich ein wenig dort im Shop herum und fiel über einen Verkaufsständer mit deutschen Büchern.
Ein Buch stach mir besonders ins Auge, es war ein Urlaubskrimi mit Kurzgeschichten. Es hatte einen seltsam herausstehenden Mittelteil, der irgendwie wie hineingeheftet aussah. Das interessierte mich.
Ich kaufte das Buch.

Am Campingplatz zurück begann ich das Buch zu lesen. Zuerst kamen spannende oder weniger spannende Kurzgeschichten. Am zweiten oder dritten Tag kam ich dann zum Mittelteil. Die vorige Geschichte brach am Seitenende mitten im Satz ab und auf der ersten Seite der eingehefteten Seiten stand eine neue Überschrift. Ich blätterte sofort nach hinten und merkte erleichtert, daß die Geschichte, die ich grad las, nach den eingehefteten Seiten ganz normal weitergeht.

Ja, dann lese ich halt diese eingeschobene Geschichte, dachte ich.
Ein Mann beschrieb, daß er ein sehr zurückgezogenes und stilles Leben lebte. Eines Tages erfuhr er bei einer Routineuntersuchung, daß er Krebs hatte. Es bedrückte ihn verständicherweise zutiefst.
Dort wo er sein Brot kaufte, gab es jemanden, den er nicht leiden konnte. Dieser Bäcker war stets unfreudlich zu ihm. Da kam ihm der Gedanke, dem Bäcker ein Schnippchen zu schlagen. Jetzt, wo es mit ihm zu Ende gehen sollte, da wollte er sich noch rächen für die vielen Jahre unfreundlicher Bedienung.

In seinem Kopf malte er sich allerlei Bestrafungen aus. Am Ende war es dann so, daß er ihn töten wollte und er fasste einen mörderischen Plan, den er akribisch durchführte.
Da er nach Sicht der Aussenstehenden kein Motiv hatte, wurde er nicht in den Kreis der Verdächtigen aufgenommen.
Schließlich kam niemand auf ihn und es schien das perfekte Verbrechen gewesen zu sein.

Diese böse Tat machte ihm insgeheim viel Freude und er fühlte sich stark und mächtig.
Da beschloß er weiter zu morden.

Mich gruselte es sehr! Und ich dachte, ich lese lieber nicht mehr weiter. Aber die Spannung war so groß, daß ich doch weiterlas!

Er überlegte sich, wer ihn während seines Lebens schlecht behandelte, wer sich über den stilllen Mann lustig machte oder wer ihn sonst auch nur irgendwie sekkierte. Und da fielen ihn schon einige ein.
Er beschrieb wie er die Leute fand und wie er sie um die Ecke brachte. Es wurde wie eine Sucht für ihn und keiner kam ihm auf die Schliche.
Am besten gefiel ihm, wenn die einstigen Widersacher große Todesangst hatten.

Da wurde ihm sogar das langweilig, weil es nach seiner Meinung viel zu kurz dauerte.
Da fasste er einen perfiden Plan.
Er wollte sein nächsten Opfer mit dieser Angst quälen. Dieses wollte er wissen lassen, daß er es töten würde. Aber er würde nicht verraten, wann und wo.
Solang dieses Opfer mit der Angst lebt, würde er sich an dieser Angst ergötzen und dann unvermutet zuschlagen.


Es sollte aber jemand sein, den er nicht kenne, damit man ihn nicht vorzeitig fassen könne. Also, jetzt neu, jemand ganz Fremder. Ein Unbeteiligter.
Wie könnte er es dem Opfer mittteilen? Telefonisch, nein, viel zu persönlich. Ausserdem könnte man sich da verraten.
Dann schriftlich.
Durch einen Brief? Er überlegte hin und her.
Er sah sich Menschen an und dachte sich: Diesen nehme ich, nein, lieber diesen...usw. So kam er auf keinen grünen Zweig, da er sich nie wirklich entscheiden konnte.

Da kam ihm die Idee, daß das Opfer durch Zufall bestimmt sein solle.
Er wolle das alles mit der Schreibmaschine aufzuschreiben und in ein Buch hineinheften.
Ihm als gelernten Buchbinder würde das leicht fallen. Dann wolle er an einen Urlaubsort fahren, und das Buch in einer Buchhandlung, quasi aussetzen.
Er würde das Buch von einem guten Versteck aus beobachten und schauen, wer es kauft.
Beobachtung zu diesem Zeitpunkt wäre ja nichts wunderliches, denn derjenige wisse ja noch nicht, was in diesem Buch drinnen steht.

Was ist einfacher als jemanden in einem Urlaubsort zu finden, abseits vom geregelten Alltag. Dann würde er warten und er wäre sehr neugierig, WER dieses Buch kauft ......er könne es kaum erwarten!


Das führte dazu, daß ich nicht nur zu unseren neuen Freunden sehr misstrauisch und unfreundlich wurde, besonders zu dem einzelreisenden deutschsprechendem Schweizer (der Arme!) sondern bestimmt auch zu einer der kürzesten Hochzeitsreisen, die man je gemacht hat!! Denn ich hielt es keine Tag länger dort aus und wollte sofort nach Hause.

So kann einem ein Krimi den Urlaub versauen.
Aber wer weiß.....

Freitag, 18. November 2011

Meine alte Katze

Meine alte Katze ist krank. Sie lief mir die letzten Tage überall hin nach und war sehr liebesbdürftig.
Sie suchte die Wärme und den Schutz. Ich blieb meist die ganze Zeit zu Hause und ging nur wenn es nötig war hinaus und das maximal nur 2 - 3 Stunden.
Jetzt liegt sie am Vorzimmerbankerl und hört mir zu.
Minki war schon fast unglaubliche 20 Jahre alt, als ich sie zu mir nahm.
Ihre Geschichte erzähle ich hier:


Mein Vater und seine damalige Freundin suchten sich ca. 1989 eine Katze aus dem Tierschutzhaus (damals noch am Khleslplatz) aus.
Sie sollte so aussehen wie ihre Vorgängerin, die auch schon aus dem Wiener TSH stammte.
So kam es, daß Minki in unserer Familie landete.
Den Namen suchte mein Vater aus, er war da recht einfallslos, denn alle seine Katzen hießen ähnlich.

Minki und ich hatten kein gutes Verhältnis. Ich mochte Tiere immer sehr gerne, was heißt mögen, ich liebte Tiere, damals wie heute!
Minki mich aber nicht. Sie war eifersüchtig auf mich wegen meinem Vater.
Manchmal dachte ich, daß das Verhalten seiner damaligen Freundin Eva auf die Katze abfärbte, die war nämlich auch mächtig eifersüchtig.

Das ging soweit, daß mir die Katze einmal ins Gesicht fuhr, als ich mich von meinem Vater mit einem Wangenkuß verabschieden wollte.
Es endete mit einem blutigen Kratzer mitten in meinem Gesicht.
Von da an waren die Fronten festgelegt. Ich ignorierte forthin die Katze und sie mich.

Mein Vater war ein Lebemann. Nach dem Tod meiner Mutter hatte er viele Freundinnen. Diese Freundinnen kamen und gingen, nur meiner Mutter und der Katze war er ganz treu. Er fuhr z.B. nicht mehr weg, weil er die Katze nicht allein lassen wollte.
Er kam auch wenig zu uns ins Burgenland und blieb schon gar nicht über Nacht hier, alles wegen der Katze.
Manchmal hatte ich den Eindruck, er machte viel mehr für die Katze, als er jemals für mich gemacht hat.

Im Oktober 2009 starb mein Vater überraschend.
Sehr überraschend, denn er war gesund und munter.
Herzinfarkt vermutlich. Vermutlich deshalb, weil er nie untersucht wurde, die Ärztin hat nach der
Medikamentenlade seine Todesursache festgestellt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Übrig blieb die Katze, die mich nicht leiden konnte. Die nur meinen Vater mochte und sonst niemanden.
Sie war inzwischen schon 20 Jahre alt! Eine Katzenmethusala!
Doch sehr wehrhaft, eigentlich schon aggressiv.
Sie ließ keinen Menschen auf 1 m an sich heran.
Ging man näher, dann legte sie die Ohren nach hinten und pfauchte und spuckte!

Ich lebte im Burgenland zusammen mit meinem damaligen Freund, ein paar Hunden, fünf Katzen und viel Federvieh.
Mein damaliger Freund wollte die Katze nicht bei sich aufnehmen.
Sie sei andere Tiere nicht gewöhnt, noch dazu sehr agressiv und das würde ein Gemetzel ergeben, besonders mit dem Hund.
Er war komplett dagegen und da es sein Haus war, hatte ich nicht viel zu reden.
Er wollte ihr auch keinen der leeren Ställe probeweise zur Verfügung stellen, das war nämlich mein Vorschlag.

Was sollte ich tun, ich saß total in der Klemme. Ich wohnte weit weg von Wien und durfte die Katze nicht mitnehmen.
Eine meiner Verwandten meinte ich solle mir überlegen, ob es nicht besser sei, die Katze einschläfern zu lassen.
Als passionierte Tierschützerin war ich über diesen Vorschlag ziemlich entsetzt! Sowas macht man doch nicht.

In dieser misslichen Situation trat ich an die ehemalige Freundin von 1985-1989 meines Vaters heran, ob sie nicht die gemeinsame Katze übernehmen könne.
Das wäre die einfachste Lösung. Ich würde der Katze eine gute Pension zahlen und allfällige Tierarztkosten.
Sie sagte, sie würde die Katze schon versorgen, aber nur in Vaters Wohnung.
Mitnehmen würde sie die Katze nicht, denn mit einem Tier sei man so "angehängt".
Ich bot ihr an, daß ich natürlich jederzeit einspringen würde, falls sie was braucht,
ausserdem müsse sie dann nicht jeden Tag hin und her fahren und die Katze wäre auch nicht alleine.
Sie lehnte ab und wollte 10 Euro am Tag für die Versorgung der Katze (die übrigens zur Hälfte auch ihr gehörte)
in Vaters Wohnung. Was blieb mir anderes übrig als einzuwilligen in dieser dringlichen Situation.

Die erste Zeit ging es ganz gut, ich kam alle paar Tage nach Wien gefahren, schauen wie es der Katze geht,
ob sie gut gefüttert und gepflegt wird. Ab der zweiten Woche fiel mir auf, daß diese Eva viel in der Wohnung herumräumte, anscheinend alles durchsuchte.
Ich verbot es ihr, da es mich zutiefst verwirrte, daß jemand in den Sachen meines Vaters herumkramte.
Sie sagte, sie hätte Servietten gesucht oder dies oder das und hatte für alles eine plausible Erklärung.
Nur da hätten schon die Alarmglocken klingeln müssen.
Aber in der Trauerzeit um meinen Vater war ich nicht ganz wach und aufmerksam.

Eines Tages, es war nur wenige Tage nach Vaters Begräbnis kam ich in seine Wohnung wie üblich nach dem rechten zu sehen.
Ich glaubte ich sehe nicht richtig.
Die Wohnung war ausgeräumt!!
Die wertvollen Ölbilder, das Geschirr meiner Mutter, Jugendstil- und Biedermeier Antiquitäten, alte Uhren, geschnitzte Kreuze, verzierte Truhen....alles war weg. Auch der Schmuck!
Sogar mein Kinderspielzeug war weg!

Nur die Katze saß noch da, etwas unglücklich.
Jetzt wusste ich, daß sich diese Eva nicht wie besprochen eine Stunde lang mit der Katze beschäftigt hat.
Die Katze war dieser Frau völlig egal.

Ich rief die Polizei an und etwas später machte ich die Anzeige. Und die Polizei machte absolut nichts!!
Alle wussten, wo meine Sachen sind, doch die Polizei sagte jedesmal auf meine Nachfragen, wann sie
meine Sachen von dort holen: "Wir ermitteln". Ich wies daraufhin, daß es eigentlich gar nichts zu ermitteln
gäbe, die Sachen sind bestimmt dort bei dieser Frau. Und die Adresse war bekannt.
Ich war sehr enttäuscht von der Polizei, denn ich dachte, daß man in so einem Fall bestimmt Hilfe bekommen
würde. Im Gegenteil, statt Hilfe zu bekommen, hat mich die Beamtin verarscht: "Na, hobns ihnare Porzellankatzerln scho´g´funden?"
Es wurden nämlich neben dem Schmuck und den Wertsachen auch Spielsachen und Porzellanfiguren gestohlen.

Nach 4 oder 5 Monaten hat die Polizei die Beschuldigte endlich überhaupt einmal vorgeladen und befragt, ein dreiviertel Jahr darauf war die Verhandlung, Eva wurde schuldig gesprochen und ich bekam nur 10 % von der Schadenssumme zugesprochen.
Aber das ist wieder andere Geschichte.

Leider hatte ich niemanden, der die Katze versorgen wollte.
Auch nicht um 300 Euro monatlich! War das nicht ein tolles Angebot? Ich fand trotz Bemühungen und Annoncen
auf verschiedensten Foren und Katzenseiten absolut niemanden.
Ich bot auch an alle Arztkosten zu übernehmen, daran war es nicht gelegen.
Auch in der burgenländischen Gemeinde fragte ich die anderen Bewohner, ob sie sich ein Körberlgeld machen wollen...nichts.
Es war wie verhext.

Deshalb pendelte ich täglich vom Burgenland nach Wien und wieder zurück mit öffentlich Verkehrsmitteln.
Das kostete mich jeden Tag ca 4 Stunden Fahrzeit und ca. 22 Euro Fahrgeld, abgesehen vom Katzenfutter.


Das war eine sehr finstere Zeit, sowohl für die Katze als auch für mich. Die Katze war traurig und einsam.
Ich war verzweifelt und gestresst, weil ich mit der Situation nicht mehr klar kam.
Ich erwartete Hilfe von meinem Freund, bekam aber keine. Meine Beziehung ging den Bach runter

Ich aktivierte meine alte wiener Studentenbude.
Anfang 2010 wollte ich die Katze zu mir umsiedeln, damit wir zwei Desperados zusammen wohnen können.
Zu diesem Zweck kaufte ich einen Transportkäfig und sehr wichtig: 2 sehr sehr dicke Handschuhe!
Denn ich wusste, das in den Käfig heben kann bei dieser Katze heikel werden und ich wollte meine Hände behalten.

Ich stellte also den vorbereiteten Käfig auf den Boden und sah mich nach der Katze um.
Diese kam ums Eck, sah den Käfig, ging schnurstracks hinein, setzte sich hin und wartete.
Sie sah mich mit einem herzzerreissenden Blick an, als ob sie sich jetzt dem Teufel ausgeliefert hätte.
Sie tat mir unendlich leid.
Sie wusste wohl, sie hat keine andere Möglichkeit. Gescheite Katze.

Mit dem Taxi zu mir.
Bei mir: Käfig auf und warten.

Sie kam sofort heraus, schaute sich in der neuen Umgebung um, probierte gleich ALLE Sessel aus.
Befand dann drei Sitz-/Liegegelegenheiten als gut, die hat sie heute noch. Ich war erstaunt.

Jetzt ist sie schon lange bei mir und fast 23 Jahre alt.
Die ersten Annäherungsversuche waren eher zaghaft und es dauerte in meiner Wohnung nicht mehr lange,
daß sie ganz Vertrauen zu mir fasste.
Als sie das erste Mal auf meine Schoß hüpfte und ich sie kraulen durfte, da war sie so glücklich, daß sie zu sabbern begann.
Auch diesen Blick werde ich nie vergessen.
Diesmal war der Blick eine Mischung aus Dankbarkeit, Genießen, Freude und Zuneigung. Ich freute mich auch sehr und begann diese alte, kapriziöse Katze sehr zu mögen!

Mittlerweile hat sie sich so an mich gewöhnt, daß sie mich als Frauchen akzeptiert und ganz zutraulich ist.

Man kann sie angreifen, sie lässt sich auch von Besuchern gerne streicheln. Sie mag es neben mir am PC Sessel zu kuscheln.
Wenn ich nach Hause komme, läuft sie zu Tür und begrüßt mich fast wie ein Hündchen. Sie hat Kunststückchen gelernt.
Sie folgt auch aufs Wort, wie ein Hündchen. Komm her, geh dahin, geh dorthin, spring!
Geh aufs Kistchen, komm probiers noch einmal. Sie tut es!
Wenn sie die Kühlschranktüre hört, dann kommt sie und macht solange Männchen, bis sie einen Mozarella bekommt.
Den liebt sie heiß.
Sie schnurrt wie ein kleiner Motor. Wenn ihr fad ist, dann schreit sie ziemlich laut, das ist weniger schön.
Wenn ich ihr die Bürste zeige, dann kommt sie wie ein Pfeil gelaufen. Sie mag es frisiert zu werden, sogar auch am Bauch.
Am allerliebsten hat sie allerdings: Männer!! Da kann sie richtig lästig werden.
Das liegt daran, daß sie meinen Vater sehr vermisst. Immerhin hatte sie ca. 20 Jahre mit ihm zusammengelebt.

Einmal fand ich eine alte gelbe Decke, die war noch von meinem Vater. Diese schenkte ich der Katze und legte sie in den Katzenkorb.
Wie aufgeregt war sie da? Das roch nach der Wohnung von ihrem Herrchen! Wahnisnn. Sie hat sich so aufgeregt, daß ich fürchtete, sie kriegt einen Herzschlag. Ihr Köpfchen hat gewackelt und es schüttelte sie am ganzen Körper, so gefreut hat sie sich! Und da sagt man, Tiere hätten keine Gefühle.
Ich glaube, Tiere haben eine sehr große Seele.

Aus der aggressiven Katze von einst wurde ein schnurriges glückliches Kuschelmonster.
Jetzt ist sie seit fast 10 Tagen schon krank und wird immer schwächer.
Die Tierärztin hat sie therapiert und wir haben alles menschenmögliche gemacht.
Ihre Werte sind TOP (ein Wahnsinn für dieses Alter), nur die Nierenwerte sind ganz schlecht.
Daran liegt es vermutlich auch.
Es macht mich sehr traurig sie so zu sehen, aber solang sie noch herumläuft, lasse ich sie, verwöhne und betreue sie so gut es geht.

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