1978

Sonntag, 27. November 2011

Der Urlaubskrimi

...oder wie einem ein Krimi den Urlaub versauen kann:

Unsere Hochzeitsreise machten wir in einer Zeit, in der man mit einem bunten VW-Bus auf der Cote Azur nicht weiter auffiel, da noch viele andere aussergewöhnliche und merkwürdige Gestalten herumliefen.
In Port Grimaud gefiel es uns am besten. Dort am Campingplatz ließen wir uns für länger nieder. Es sollten 2 oder 3 Wochen Urlaub werden.
Auf dem Campingplatz hatten wir interessante Nachbarn: Einen verrückten Schweizer, der mit dem Rad über die Alpen fuhr und einen kleinen Abstecher an die Küste machte. Ein französisches Pärchen, welches kein Wort Englisch sprach (wir auch kein Französisch), aber mit den beiden hingen wir trotzdem dauerend herum.
Und so weiter.

In den ersten Tagen unseres Urlaubs stöberte ich ein wenig dort im Shop herum und fiel über einen Verkaufsständer mit deutschen Büchern.
Ein Buch stach mir besonders ins Auge, es war ein Urlaubskrimi mit Kurzgeschichten. Es hatte einen seltsam herausstehenden Mittelteil, der irgendwie wie hineingeheftet aussah. Das interessierte mich.
Ich kaufte das Buch.

Am Campingplatz zurück begann ich das Buch zu lesen. Zuerst kamen spannende oder weniger spannende Kurzgeschichten. Am zweiten oder dritten Tag kam ich dann zum Mittelteil. Die vorige Geschichte brach am Seitenende mitten im Satz ab und auf der ersten Seite der eingehefteten Seiten stand eine neue Überschrift. Ich blätterte sofort nach hinten und merkte erleichtert, daß die Geschichte, die ich grad las, nach den eingehefteten Seiten ganz normal weitergeht.

Ja, dann lese ich halt diese eingeschobene Geschichte, dachte ich.
Ein Mann beschrieb, daß er ein sehr zurückgezogenes und stilles Leben lebte. Eines Tages erfuhr er bei einer Routineuntersuchung, daß er Krebs hatte. Es bedrückte ihn verständicherweise zutiefst.
Dort wo er sein Brot kaufte, gab es jemanden, den er nicht leiden konnte. Dieser Bäcker war stets unfreudlich zu ihm. Da kam ihm der Gedanke, dem Bäcker ein Schnippchen zu schlagen. Jetzt, wo es mit ihm zu Ende gehen sollte, da wollte er sich noch rächen für die vielen Jahre unfreundlicher Bedienung.

In seinem Kopf malte er sich allerlei Bestrafungen aus. Am Ende war es dann so, daß er ihn töten wollte und er fasste einen mörderischen Plan, den er akribisch durchführte.
Da er nach Sicht der Aussenstehenden kein Motiv hatte, wurde er nicht in den Kreis der Verdächtigen aufgenommen.
Schließlich kam niemand auf ihn und es schien das perfekte Verbrechen gewesen zu sein.

Diese böse Tat machte ihm insgeheim viel Freude und er fühlte sich stark und mächtig.
Da beschloß er weiter zu morden.

Mich gruselte es sehr! Und ich dachte, ich lese lieber nicht mehr weiter. Aber die Spannung war so groß, daß ich doch weiterlas!

Er überlegte sich, wer ihn während seines Lebens schlecht behandelte, wer sich über den stilllen Mann lustig machte oder wer ihn sonst auch nur irgendwie sekkierte. Und da fielen ihn schon einige ein.
Er beschrieb wie er die Leute fand und wie er sie um die Ecke brachte. Es wurde wie eine Sucht für ihn und keiner kam ihm auf die Schliche.
Am besten gefiel ihm, wenn die einstigen Widersacher große Todesangst hatten.

Da wurde ihm sogar das langweilig, weil es nach seiner Meinung viel zu kurz dauerte.
Da fasste er einen perfiden Plan.
Er wollte sein nächsten Opfer mit dieser Angst quälen. Dieses wollte er wissen lassen, daß er es töten würde. Aber er würde nicht verraten, wann und wo.
Solang dieses Opfer mit der Angst lebt, würde er sich an dieser Angst ergötzen und dann unvermutet zuschlagen.


Es sollte aber jemand sein, den er nicht kenne, damit man ihn nicht vorzeitig fassen könne. Also, jetzt neu, jemand ganz Fremder. Ein Unbeteiligter.
Wie könnte er es dem Opfer mittteilen? Telefonisch, nein, viel zu persönlich. Ausserdem könnte man sich da verraten.
Dann schriftlich.
Durch einen Brief? Er überlegte hin und her.
Er sah sich Menschen an und dachte sich: Diesen nehme ich, nein, lieber diesen...usw. So kam er auf keinen grünen Zweig, da er sich nie wirklich entscheiden konnte.

Da kam ihm die Idee, daß das Opfer durch Zufall bestimmt sein solle.
Er wolle das alles mit der Schreibmaschine aufzuschreiben und in ein Buch hineinheften.
Ihm als gelernten Buchbinder würde das leicht fallen. Dann wolle er an einen Urlaubsort fahren, und das Buch in einer Buchhandlung, quasi aussetzen.
Er würde das Buch von einem guten Versteck aus beobachten und schauen, wer es kauft.
Beobachtung zu diesem Zeitpunkt wäre ja nichts wunderliches, denn derjenige wisse ja noch nicht, was in diesem Buch drinnen steht.

Was ist einfacher als jemanden in einem Urlaubsort zu finden, abseits vom geregelten Alltag. Dann würde er warten und er wäre sehr neugierig, WER dieses Buch kauft ......er könne es kaum erwarten!


Das führte dazu, daß ich nicht nur zu unseren neuen Freunden sehr misstrauisch und unfreundlich wurde, besonders zu dem einzelreisenden deutschsprechendem Schweizer (der Arme!) sondern bestimmt auch zu einer der kürzesten Hochzeitsreisen, die man je gemacht hat!! Denn ich hielt es keine Tag länger dort aus und wollte sofort nach Hause.

So kann einem ein Krimi den Urlaub versauen.
Aber wer weiß.....

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