Freitag, 20. Januar 2012

"Gru Gru Blut ist im Schuh"

Das ist ein Mantra, welches ich als kleines Kind vor mich hinbetete, als ich nach einer Operation nach Hause humpelte.

Früher waren Kinder oft unerwünscht und lästig (es gab noch nicht die Pille) und so wurden Kinder desöfteren schlecht behandelt.
Ich hatte nach einem Badbesuch igendwelche Pünktchen an den Sohlen und meine Mutter ging mit mir zum Arzt.
Dieser Perversling hatte meiner Mutter eingeredet, daß man diese Pünktchen ausbrennen muss.
Ich bekam natürlich keine Narkose, denn das konnte sich meine Mutter nicht leisten.
Meine Mutter wurde hinausgeschickt und die "Operation" begann.

Ich wurde bäuchlings auf ein Bett geschnallt, dann kam der Herr Doktor mit so einer Art Bunsenbrenner und hat mir bei vollem Bewusstsein Teile meiner Sohle weggebrannt.
Nicht einmal eine örtliche Narkose habe ich bekommen. Es roch nach verbranntem Fleisch. Natürlich schrie ich wie am Spieß.

Damit ich selbstständig gehen kann, hat er jedoch nur einen Fuß behandelt. Der andere soll später dran kommen. Allein der Gedanke versetzte mich in Panik.

Weil ich schon "groß" war (4 - 5 Jahre) trug mich meine Mutter nicht nach Hause. Sie hielt mich an der Hand und schleppte mich hinter sich her.
Kaum waren wir ein paar Gassen gegangen, sickerte Blut aus meinem Schuh.

Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als wir den Quellenplatz überquerten. Ich konnte einfach nicht mehr. Der Fuß tat höllisch weh, gesehen hab ich auch kaum was, weil ich soviel weinte.
Meine Mutter zog mich widerwillig und schimpfte. Schließlich sagte sie: "...denk doch an das Märchen von Aschenputtel, da haben sich die Mädchen sogar freiwillig einen Teil vom Fuß weggeschnitten!"
Ich meinte, daß das ja die bösen Schwestern gewesen sind und nicht das Aschenputtel.

Schließlich sagte ich den Satz wie ein Mantra vor mich hin. "Gru gru Blut ist im Schuh" und ging im Takt danach.

Es war ein fürchterliches Erlebnis. Fast jedesmal, wenn ich über den Quellenplatz gehe, muss ich unwillkürlich daran denken.

Der Arzt ist sicher schon lang in Pension, falls er überhaupt noch am Leben ist.

Und die Pünktchen am anderen Fuß sind von selbst wieder weggegangen. Also diese Behandlung und alle Qualen waren sinnlos.

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